Island 1997 - Ringstraße

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Flagge Island
Torfkirche Vidimyri Godafoss Dimmuborgir Kraflagebiet Dettifoss Myvatn
Island 1997 - Eine Rundfahrt auf der Ringstraße
Island 1997 - Navigation
Donnerstag, 10. Juli 1997 - 5. Tag
Rund um Snæfellsnes zum Hof Suδur-Bár

Wir stehen am nächsten Morgen wieder 7.30 Uhr auf. Es regnet leicht. Der Himmel ist dicht mit Regenwolken verhangen. Die Sicht ist gering, keine Berge mehr zu sehen. Die Temperatur beträgt 12 °C. Nach dem üblichen üppigen skandinavischen Frühstücksbuffet fahren wir um 9.00 Uhr los.

Ölkelda
Wir machen noch mal halt an der Quelle Ölkelda, um für 50 Kronen unseren Wasservorrat aufzufrischen, obwohl uns bei dem feuchtkalten Wetter eher nach einem heißen Tee zumute ist.
Das nächste Ziel ist Arnarstapi, ein kleines Fischerdorf mit romantischem Hafen. So steht es jedenfalls in den Prospekten. Es regnet aber immer noch, von Romantik deshalb keine Spur. Ein mächtiger Steindamm schützt den Hafen von Arnarstapi. Der kleine Ort ist menschenleer.
Hafen Anarstapi
Felsenformationen
Entlang der Steilküste gibt es hier bizarre Felsformationen: Basaltsäulen, Steinbögen und Felshöhlen, in denen Myriaden von Seevögeln nisten.

Die Basaltküste an diesem Küstenstreifen bietet Seevögeln beste Lebensbedingungen. Kormorane, Eissturmvögel, Papageitaucher, Möwen und Lummen aller Art sind zu sehen. Besonders aggressiv sollen die Küstenseeschwalben sein, aber nur während der Brutzeit und Jungenaufzucht. Wir merken heute nichts davon. Vielleicht kommen wir ihnen nicht nahe genug, oder auch ihnen gefällt das Wetter nicht. Die meisten Vögel sitzen nur auf den Felsen herum, als ob sie vorzeitig Mittagspause machen.

In der Nähe des Steinbogens Gatklettur befinden sich drei Felshöhlen oben am Klippenrand, die mit dem Meer verbunden sind. Bei Sturmflut schießen hohe Wasser-fontänen durch die engen Öffnungen. Heute ist das Meer aber ziemlich ruhig.
Gatklettur
Steinbild Odins
Was man aus der Ferne für einen Holzkohlemeiler halten könnte, ist ein „Steinbild Odins“.

Der Snæfellsjökull ist völlig im Nebel verschwunden. Es ist ein 1446 m hoher vergletscherter Stratovulkan, einer der schönsten Berge des Landes. Aus dem Gipfelkrater, der heute von einem 11 km² großen Gletscher bedeckt ist, sind vor der Besiedlung Islands zahlreiche Lavaströme geflossen, die Berghänge und Unterland bedecken.

Snaefellsjökull in den Wolken
Die Besteigung soll recht einfach sein, wenn auch im Hochsommer wegen Gletscherspalten nicht ungefährlich. Für eine Gipfelbesteigung muss man 4-6 Stunden rechnen. Dem Vulkan und Gletscher werden übernatürliche Kräfte nachgesagt.
Wir können bei diesem Wetter nicht an eine Gipfelbesteigung denken und haben das eigentlich auch aus Zeitgründen nicht geplant. Auch das muss einer evtl. späteren Reise vorbehalten bleiben.

Bevor wir von Anarstapi auf der Straße Nr. 574 ( Ùtnesvegur) weiter in Richtung Osten um die Halbinsel fahren, wollen wir zur Sönghellir (Gesangshöhle). Sie zählt lt. Reiseführer zu den Naturwundern in Anarstapi. Es soll dort eine erstaunliche Akustik und eine riesige natürliche Steinbrücke geben. Dazu müssen wir ein Stück die F 570 in Richtung Snæfellsjökull fahren. Dem Corsa tut das gar nicht gut. Es regnet. Die Piste ist schlammig. Die Sicht ist schlecht. Da es keine Entfernungsangabe bis zur Höhle gibt, wissen wir nicht wie weit es ist. Wir fahren vielleicht 2 km die Piste hinauf, finden aber keinen Hinweis auf die Höhle. Wir wenden. Auch bei der Rückfahrt sehen wir nicht mehr. Also zurück und weiter. Wir müssen eben bei schönerem Wetter noch mal kommen, oder dann solange bleiben bis es schön ist. Wenn man das bei allen Besonderheiten in Island so machen will, muss man sicher das ganze Jahr hier bleiben.

Bei Hellnar gehen wir am Hafen zur Badstofa, einer Wasserhöhle (Bauernhaussspeicher). Die bizarren Licht- und Farbeffekte, die es hier geben soll, können wir bei diesem Sauwetter heute nicht erwarten.

Londrangar

Weiter entlang der Küste stehen bei Malarrif, dem Leuchtturm am südlichsten Punkt der Halbinsel, die beiden hohen Felszinnen Londrangar im Meer. Die höhere mit 75 m ist die „christliche Säule“ und schon bestiegen worden. Die niedrigere wird „heidnische Säule“ genannt. In den steilen Klippen brüten Seevögel.
Ein paar Kilometer weiter zweigt links die Straße Nr. 572 zum schon lange unbewohnten Strand Djúpalónssandur ab. Hier steht Gatklettur, ein Felsloch.
Gatklettur
Dritvík

Wir wandern von hier aus oberhalb des Strandes nach Dritvík, einer ver-schwundenen Gemeinde. Dort liefen früher bis zu 60 Boote mit 300-400 Mann Besatzung zum Fischfang aus. Heute herrscht hier phantastische Wildnis. In der Mitte der Bucht steht der Felsen Bárδarskip. Eine etwas unheimliche Gegend. Der Himmel hellt zwar leicht auf bei 16 °C, aber eine wirkliche Wetter-besserung gibt es nicht.

Wir gehen den gleichen Weg wieder zurück. Wären wir am Strand entlang gegangen, hätten wir die 4 Steine gefunden, die seit Urzeiten zum Kräfte messen dienten. Der kleinere (für Schwächlinge) soll inzwischen zerbrochen sein. Nun fahren wir auf der 574 weiter über Hellissandur und Rif nach Ólafsvík. Der Weg ist größtenteils unbefestigt und ist die reinste Wellblechpiste. Ich kann den beiden Bremern die Strapazen nachfühlen, sich auf einem solchen Weg bei Gegenwind mit dem Fahrrad abzustrampeln.

Auf dem freien Wiesengelände beiderseits des Weges grasen etliche Pferde, von denen auch einige vor uns den Weg kreuzen.
Pferde auf Snaefellsnes
In Ólafsvík

In Ólafsvík, einer Gemeinde mit 1200 Einwohnern tanken wir unseren Corsa wieder voll und waschen den Dreck der Wellblechpiste runter. Es gibt an der Tankstelle mehrere Plätze mit Schlauch und Bürste am langen Stiel. Hier kann man kostenlos nach Herzenslust sein Auto waschen – wie praktisch. Wozu Shampoo und Warmluft zum trocknen? Wenn man den Dreck frisch runterspült braucht man kein Shampoo und Warmluft erst recht nicht. Es regnet ja sowieso gleich wieder. – Wir kaufen noch etwas ein und fahren weiter.

Vor Grundarfjörδur fotografieren wir den imposanten Kirkjufell. Eine Besteigung dieses Berges soll möglich, aber nicht ungefährlich sein. Von dänischen Kaufleuten wurde der Berg früher „Zuckerhut“ genannt.
Kirkjufell
Dritvík
Hinter Grundarfjörδur biegen wir nach links ab auf die 576 zur kleinen Halbinsel Eyrarfjall auf der sich unsere nächste Unterkunft befindet. Gegen 17.00 Uhr kommen wir auf dem Hof Suδurbar an.

Auf einer Bank vor dem Haus sitzt der Bauer. Als wir näher kommen deutet er nur auf die Eingangstür. Für Gäste ist er nicht zuständig, das ist Frauensache. An der Tür kommt uns eine junge Frau entgegen. Sie weiß durch den Anruf aus Fljotstunga, dass wir kommen und stellt sich uns auf deutsch als Erna vor.  Wir drücken ihr als erstes unseren Voucher in die Hand. Sie erzählt uns, dass sie hier als Hauswirtschaftspraktikantin arbeitet. Da sie gut deutsch spricht, hat sie sich vorwiegend um die Touristen zu kümmern. Wir unterhalten uns länger mit ihr. Dabei erfahren wir, dass man dem alten Bauern nach einer Krebserkrankung ein Bein amputiert hatte. Der Sohn Martein erledigt deshalb die meisten Arbeiten mit Hilfe der Mutter und natürlich Erna. Deutsch hat sie gelernt durch die vielen deutschen Touristen und vor allem von einer Freundin aus Bremen, die sie dort schon besucht hat. Erna zeigt uns bei einem Rundgang auf der Weide auch die Pferde, darunter einige ihrer eigenen, die sie vom elterlichen Hof mitgebracht hat, der in der Gegend von Akureyri liegt. Für Ausritte kann man die Pferde auch mieten. Aber für Ernas Begriffe ist die Bäuerin nicht geschäftstüchtig genug, denn sie macht nicht ausreichend Werbung dafür. Erna hatte schon vorgeschlagen einen sichtbaren Aushang zu machen, so dass alle Touristen gleich sehen was angeboten wird und wie viel die Pferde pro Stunden kosten. Ihr Vorschlag ist aber auf taube Ohren gestoßen.

Nachdem wir uns im Zimmer eingerichtet haben, können wir die Küche benutzen um uns eine warme Mahlzeit zu bereiten, denn heute hatten wir noch keine richtige Gelegenheit uns unterwegs etwas zu kochen. Die Bäuerin zeigt uns wo alles in der Küche ist, was wir brauchen und lässt uns dann ganz diskret allein. Es gibt Bratkartoffeln mit Ei. Wir beeilen uns, um die Küche nicht länger als nötig zu blockieren. Im Wintergarten können wir uns zum Essen niederlassen. Das ist der Aufenthaltsraum der Touristen. Man geht dahin aber durch das Wohnzimmer der Familie. Uns ist das ein wenig peinlich, wenn dort der Bauer und seine Frau beim Fernsehen sitzen, aber es scheint normal zu sein, dass den Touristen auch die Privaträume nicht verschlossen bleiben. Im Obergeschoss, wo die Gästezimmer sind, gibt es zwar ein WC, aber waschen müssen wir uns unten im Familienbad.
Erna mit Hengst


Nach dem Essen gehen wir mit der Hofbesatzung noch mal mit raus, um die Kühe von der Weide in den Stall zu holen. Auf der Weide nebenan stehen noch weitere Pferde des Gehöfts, darunter auch ein weißer Hengst, der unruhig am Zaun hin und her läuft, weil er von den Stuten getrennt ist. Ein hartes Dasein! Erna geht aber hin und streichelt ihn. Ob ihm das reicht?


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